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Metatheorie der Erziehung

Eine Einführung in die Grundlagen der Erziehungswissenschaft, der Philosophie der Erziehung und der praktischen Pädagogik
Verfasser: Suche nach diesem Verfasser Brezinka, Wolfgang
Jahr: 1978
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Inhalt

Zweifel an der Pädagogik als Wissenschaft und an ihrem Nutzen für die Erziehungspraxis sind weit verbreitet und in vieler Hinsicht berechtigt. "Die Krise der wissenschaftlichen Pädagogik", auf die ich bereits im Jahre 1966 aufmerksam gemacht habe2, hält an und es ist ungewiß, wie sie ausgehen wird. Auch Fachleute, die einen anderen wissenschaftstheoretischen Standpunkt als ich vertreten, schätzen die Lage ähnlich ein: "Es gibt kaum eine andere Wissenschaft, in der sich unwissenschaftliches Gerede, parteiischer Eifer und dogmatische Beschränktheit so breit gemacht haben wie in der Pädagogik"3. Es bestehe die Gefahr, daß "sich die Erziehungswissenschaft in eine Menge von pragmatischen Unterdisziplinen auflösen und im Einflußbereich der Sozialwissenschaften oder der Psychologie, Anthropologie und Verhaltensforschung verschwinden" wird, "nachdem sie kaum begonnen hat, ein eigenständiges Dasein aufzubauen"4.
In dieser Lage kann nur eine Klärung der wissenschaftstheoretischen Grundlagen unseres umstrittenen und krisenanfälligen Faches weiterhelfen. Dazu muß die Illusion aufgegeben werden, daß alles, was "Pädagogik" genannt wird, auch Wissenschaft sei. Es braucht den Mut, pädagogische Satzsysteme an der Norm der Wissenschaftlichkeit zu prüfen und nach ihren Zwecken wie nach ihrem Wert zu unterscheiden. Erst wenn Klarheit darüber besteht, welchen Normen Erziehungstheorien entsprechen sollen, läßt sich beurteilen, warum vorhandene Erziehungstheorien unzulänglich sind und wie bessere Erziehungstheorien geschaffen werden können.
Da eine Untersuchung dieser Art nicht die Erziehung selbst, sondern Theorien der Erziehung zum Gegenstand hat, wird sie als "kritisch-normative Theorie der Erziehungstheorien" oder abgekürzt als "Metatheorie der Erziehung" bezeichnet5. Die Qualität der pädagogischen Theorien hängt zu einem großen Teil davon ab, welche metatheoretischen Normen die Erziehungstheoretiker anerkennen und wie sie diese Normen befolgen. Ihre metatheoretischen Ansichten beeinflussen durch das Zwischenglied der Erziehungstheorie, die sie in pädagogischen Schriften und Lehrveranstaltungen vermitteln, das Niveau der Ausbildung für Erziehungsberufe und damit auch die Güte der Erziehungspraxis.
Metatheoretische Studien können also indirekt große praktische Bedeutung haben. Auch ich bin aus der Sorge um die Verbesserung der Erziehungspraxis zur Kritik an der Pädagogik und zur Frage nach ihren wissenschaftstheoretischen Grundlagen gelangt. Die Vorarbeiten für dieses Buch reichen bis in das Jahr 1958 zurück6. Die lebhafte Diskussion, die mein kritischer Aufsatz von 1966 ausgelöst hat7, hat mich dazu ermuntert, die darin enthaltene Skizze einer Metatheorie der Erziehung gründlich auszuarbeiten. Nach einigen weiteren Aufsätzen8 ist schließlich 1971 mein Buch "Von der Pädagogik zur Erziehungswissenschaft. Eine Einführung in die Metatheorie der Erziehung" erschienen. Ich habe es von vorher ein als einen verbesserungsbedürftigen Versuch betrachtet und bin dankbar für das große Interesse, das ihm entgegengebracht worden ist, und für die vielen zustimmenden und kritischen Stellungnahmen, die es hervorgerufen hat9. Sie haben dazu beigetragen, daß ich mich entschlossen habe, das Thema nochmals von grundauf zu bearbeiten. Das Buch ist für die vorliegende 4. Auflage zu vier Fünfteln völlig neu geschrieben worden. Ich habe auch einen neuen Titel gewählt, weil der ursprüngliche Titel mißverständlich gewesen ist. Dem Inhalt des Buches entsprechend hätte er vollständig eigentlich lauten müssen: "Von der undifferenzierten Pädagogik durch Differenzierung zur Erziehungswissenschaft, zur Philosophie der Erziehung und zur Praktischen Pädagogik". Ich habe mich bemüht, den schwierigen Stoff so klar und verständlich wie möglich darzustellen. Das ist nicht leicht, denn die wissenschaftstheoretische Literatur hat in den letzten Jahren ungeheuer zugenommen und sich teilweise weit von den Problemen wie von der Sprache der Einzelwissenschaften entfernt. Auch auf diesem Gebiet ist eine Spezialisierung erfolgt und es gibt eine Unmenge von Beiträgen, die zumindest für die sozial-, kul-tur- und humanwissenschaftlichen Disziplinen wenig Nutzen bringen. Demgegenüber habe ich darauf geachtet, die Metatheorie der Erziehung so zu behandeln, daß sie dem Verständnis der vorhandenen Erziehungstheorien und der Gewinnung besserer Erziehungstheorien dient, statt davon abzulenken. Eine Metatheorie der Erziehung, die nicht nahe an den Erziehungsproblemen und ihren Lösungsmöglichkeiten bleibt, scheint mir unfruchtbar zu sein. Metatheoretische Studien gehören zur Vorbereitung für den Aufbau von Erziehungstheorien, aber sie sind kein Ersatz dafür. Ich habe große Sorgfalt auf reichhaltige Quellenangaben und Hinweise auf weiterführende Literatur verwendet, um den Lesern den Zugang zu den wesentlichen Texten zu erleichtern. Ich habe allerdings - was heute keineswegs mehr selbstverständlich zu sein scheint - nur das zitiert, was ich selbst gelesen habe. Es gibt sicher zu den meisten der behandelten Fragen noch mehr Quellen und vielleicht auch bessere, als ich gefunden habe. Für viele kritische Hinweise und Verbesserungsvorschläge danke ich meinem ehemaligen Schüler, Herrn Universitätsdozenten Dr. Gerhard Zecha (Salzburg). Dem Kultusminister von Baden-Württemberg, Herrn Prof. Dr. Wilhelm Hahn, und den zuständigen Beamten seines Ministeriums danke ich dafür, daß sie mir durch Gewährung eines Forschungsurlaubs die Vollendung dieses Buches als einer notwendigen Vorarbeit für den Entwurf eines Systems der Erziehungswissenschaft ermöglicht haben.

Details

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Jahr: 1978
Verlag: München, Reinhardt
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Systematik: Suche nach dieser Systematik Päd 323
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ISBN: 978-3-497-00846-9
Beschreibung: 4. neubearb. Aufl., XVI, 322 S.
Schlagwörter: Erziehungswissenschaft; Erziehung; Erziehungsstil; Didaktik; Wissenschaftstheorie; Pädagogik
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Mediengruppe: Buch