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Standorte: BTh 338/2	Status: Verfügbar	Frist:	Vorbestellungen: 0	Zweigstelle: Hauptstelle

Seit Goethe wird das Buch Rut als liebliche, kleine Idylle gelesen, die die Bibelleser erbauen und unterhalten wolle. Irmtraud Fischer bricht gründlich mit dieser herkömmlichen Sichtweise, indem sie - streng am Text entlang - ein völlig anderes Bild der Erzählung über die beiden mittellosen Witwen entwirft. Sie weist auf, daß das Buch durchgehend mit dem Blick auf Frauen geschrieben wurde: Es stellt nicht nur die in der Bibel üblicherweise vom männlichen Standpunkt aus erzählten Lebenszusammenhänge aus der Sicht von Frauen dar, sondern legt auch Gesetze, die in den Rechtssammlungen Alt-Israels Männer begünstigen, zugunsten von Frauen aus und erweist sich so als Gegenstimme zu den Büchern Esra und Nehemia in der nachexilischen Mischehenfrage. Indem das Buch Rut auch erzählende Texte der Bibel - vor allem aus dem Buch Genesis - aufgreift und mit ihnen die Handlung deutet, bekommt es eine politische Dimension: Es erzählt die Volksgeschichte Israels von Tamar bis Rut, von Juda bis David, weiter und schließt so die erzählerische Lücke zwischen den Büchern Genesis und 1 Samuel. Das schlichte, liebliche Frauenbuch wird so zu einem gesellschaftspolitischen Buch im Rang der Weltliteratur.

Zur Autorin: IRMTRAUD FISCHER, Professorin für Altes Testament und Theologische Frauenforschung an der kath.-theol. Fakultät der Universität Bonn.