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17.; Glaube - Recht - Gerechtigkeit

Verfasser: Suche nach diesem Verfasser Honecker, Martin
Jahr: 1977
Bandangabe: 17.
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Standorte: RPS 100/1 -17A Status: Verfügbar Frist: Vorbestellungen: 0 Zweigstelle: Hauptstelle

Inhalt

 
Die Thematik dieses Studienbriefes im RU
Der Problemkreis "Glaube - Recht - Gerechtigkeit" kann aus drei Gründen als eines der Grundthemen des Religionsunterrichts gelten:
Erstens:
Es gibt keine allgemeine, zu allen Zeiten und unter allen Umständen gültige Bestimmung von Recht und Gerechtigkeit. Was von Menschen als "richtig" und "gerecht" angesehen wird, hängt vielmehr von dem in einer Gesellschaft oder in einer gesellschaftlichen Gruppe gültigen Wertsystem ab. Auch der christliche Glaube hat u. a. ein Wertsystem und dementsprechend bestimmte Vorstellungen über Recht und Gerechtigkeit zum Inhalt. Es sind - wie der Studienbrief zeigen wird - sehr zentrale theologische Gesichtspunkte, denen eine christlich zu vertretende Auffassung von Recht und Gerechtigkeit entnommen werden kann.
Zweitens:
Mit dem Thema: Glaube - Recht - Gerechtigkeit ist eine sehr umfassende und weitreichende Fragestellung angesprochen, in der es um grundsätzliche Entscheidungen über Ziele und Inhalte des menschlichen Verhaltens geht. Die Gesellschaft kann zu Recht von der Schule erwarten, daß sie nicht nur pragmatisches Detailwissen vermittelt, sondern auch die Grundfragen über Sinn und Wert menschlicher Existenz und menschlichen Verhaltens aufrollt. Als dafür zuständiges Fach wird üblicherweise (von den für die Lehrplangestaltung Verantwortlichen, von den Eltern, Lehrern und Schülern) auch der Religionsunterricht angesehen.
Drittens:
Schüler interessieren sich für die Frage nach Recht und Gerechtigkeit besonders im engeren Erfahrungsbereich der Schule, des Elternhauses und des Arbeitsplatzes. Sie erleben als die erste "Macht", die Recht setzt und Gerechtigkeit interpretiert, das Elternhaus, dann die übrigen Autoritätspersonen, denen sie in verschiedenen Institutionen begegnen und die für die Einhaltung bestimmter - vom Schüler aus gesehen: vorgegebener - Normen Sorge tragen. Häufig erleben sie eine Differenz zwischen diesen Normen und den eigenen Lebensbedürfnissen. Solche Konfliktsituationen sind dann der Anlaß zur Frage nach Gerechtigkeit. Dieser Lage sollte der RU Rechnung tragen.
Die Mehrheit der Schüler bleibt - in gelungener Anpassung an die in unserer Gesellschaft üblichen Denkschablonen - bei ihrer Suche nach Recht und Gerechtigkeit im individuellen Erlebnisraum stehen. Nur eine verschwindend kleine Minderheit kritischer Schüler vermag den Komplex Glaube-Recht-Gerechtigkeit auch in dem gesellschaftlich-politischen und weltpolitischen Rahmen zu sehen, in den er gehört1. In dem Maße, in dem die weltweite Verantwortung des christlichen Glaubens immer mehr erkannt und praktiziert wird, ist es auch die Aufgabe des Religionsunterrichts, die Schüler von ihrer "individualistischen Engführung" wegzubringen und zu einem Denken in übergeordneten Zusammenhängen anzuleiten.
tariat für rassische und ethnische Beziehungen übergeben3. Der ökumenische Denkprozeß hat sich seitdem schnell weiterentwickelt. Von der Einsicht, es gebe "keine biblische Grundlage für die Behauptung, Rassenunterschiede seien in der Schöpfung verwurzelt", die Rassenunterschiede seien vielmehr "im Lauf der Geschichte entstanden"4, und von der Einsicht in den friedensbedrohenden Charakter der Rassendiskriminierung war es nur ein kurzer Schritt zu der Forderung, man dürfe das Engagement gegen die Rassendiskriminierung nicht mehr den einzelnen Christen überlassen, sondern hier müsse die Kirche als Kirche aktiv werden5. Gleichzeitig verschärfte sich die theologische Kritik an der Rassenunterdrückung. In dem "Plan eines ökumenischen Programms zur Bekämpfung des Rassismus", den der Zentralausschuß des ORK 1969 vorlegte, heißt es: "Der Rassismus ist kein unabänderlicher Wesenszug des Menschen. Ebenso wie die Sklaverei und andere gesellschaftliche Manifestationen menschlicher Sünde kann und muß er bekämpft werden. Vom Evangelium, von seinen Grundsätzen und Methoden her, müssen sich die Christen in diesem Kampf engagieren. . ."6. Der Zentralausschuß empfahl dem ORK die Annahme einer Erklärung, in der vorgeschlagen wird: "Die Kirchen . . . sollten unverzüglich . . . einen bedeutenden Teil ihrer Finanzmittel an Organisationen rassisch unterdrückter Gruppen oder an Hilfsorganisationen für die Opfer der Rassendiskriminierung überweisen"7. In der Erklärung heißt es weiter:
"Wir rufen die Kirchen auf, über Wohltätigkeit, Zuwendungen und die üblichen Programme hinaus zu sachgerechtem und opferbereitem Handeln zu finden, um damit menschenwürdige und gerechte Beziehungen der Menschen untereinander zu schaffen und einen radikalen Neuaufbau der Gesellschaft voranzutreiben. Ohne daß wirtschaftliche Mittel bereitgestellt werden, um damit die Neuverteilung der Macht auf ein festes Fundament zu stellen und kulturelle Eigenständigkeit sinnvoll zu machen, wird es in unserer Welt keine Gerechtigkeit geben. Bei der Beschaffung der finanziellen Mittel kann ein gemeinsamer Akt der ökumenischen Gemeinschaft der Kirchen ein leuchtendes sittliches Beispiel geben"8.
Am 2.9.1970 folgte dann der Beschluß des Exekutivausschusses des ORK, 200 000 US-Dollar "an Organisationen zu verteilen, die von unterdrückten Rassengruppen errichtet oder zur Unterstützung der Opfer der Rassendiskriminierung gebildet worden sind und deren Zielsetzung sich mit den allgemeinen Zielen des ökumenischen Rates" vereinbaren lassen9.
Der ORK geht also davon aus, daß es nicht genügt, bloß verbalen Protest gegen die Rassendiskriminierung zu erheben, und daß es auch nicht genügt, in traditioneller Weise karitative Hilfsmaßnahmen für die Opfer rassischer Unterdrückung zu ergreifen. Vielmehr haben die ausführlichen Studien und Gesellschaftsanalysen ergeben, daß es notwendig ist, derartige Unterdrückung durch Veränderung gesellschaftlicher Strukturen und durch Neuverteilung der politischen Macht zu verhindern. Der ORK möchte also nicht mehr nur die Folgen der Rassendiskriminierung lindern, sondern auch ihre Ursachen bekämpfen.

Details

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Jahr: 1977
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Systematik: Suche nach dieser Systematik RPS 100
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Beschreibung: 1. Aufl., 69 S.
Schlagwörter: Fernstudium; Evangelischer Religionsunterricht; Lehrerausbildung; Gerechtigkeit; Glaube; Religionsunterricht; Recht; Rechtskunde
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Mediengruppe: Buch