Cover von Keine Götter mehr wird in neuem Tab geöffnet

Keine Götter mehr

Das Ende der Erziehung
Verfasser: Suche nach diesem Verfasser Postman, Neil
Jahr: 1995
verfügbar

Exemplare

StandorteStatusFristVorbestellungenZweigstelle
Standorte: Päd 349/51 Status: Verfügbar Frist: Vorbestellungen: 0 Zweigstelle: Hauptstelle

Inhalt

Das letzte Buch, das ich ganz zum Thema Erziehung geschrieben habe, wurde 1979 veröffentlicht. Ich kehre jetzt zu diesem Thema zurück, nicht weil die pädagogische Welt unter meiner Abwesenheit gelitten hat, sondern weil ich darunter gelitten habe. Ich habe meine Laufbahn als Grundschullehrer begonnen, und ich habe keinen Moment lang den Gedanken aufgegeben, daß viele unserer hartnäckigsten und schmerzlichsten gesellschaftlichen Probleme einer Lösung näher wären, wenn wir wüßten, wie wir unsere Kinder erziehen sollen. Sie haben jedes Recht, mich deshalb für einen Romantiker zu halten, nicht aber, glaube ich, für einen Narren. Das Lehren in der Schule mag eine subversive oder eine konservative Tätigkeit sein, aber es ist mit Sicherheit eine begrenzte. Sie beginnt spät, und sie endet früh im Leben der Schüler, sie pausiert in den Ferien, und sie entschuldigt uns großzügig, wenn wir krank sind. Unseren Jugendlichen erscheint die Schule als etwas Hartes, Schonungsloses, aber wir wissen, daß sie das nicht ist. Was wirklich hart und schonungslos ist, ist unsere Erziehung, die uns - im Guten oder im Bösen - keine Ruhe läßt. Deshalb ist die Armut solch eine große Erzieherin. Da sie keine Grenzen kennt und nicht zu ignorieren ist, lehrt sie vor allem Hoffnungslosigkeit. Aber nicht immer. Auch die Politik ist eine große Erzieherin. Vor allem lehrt sie, fürchte ich, Zynismus. Aber nicht immer. Das Fernsehen ist ebenfalls ein großer Erzieher. Vor allem lehrt es den Konsum. Aber nicht immer. Es ist das "nicht immer", was den romantischen Geist in jenen wach hält, die über die Schule schreiben. Der Glaube besteht darin, daß in der Schule trotz einiger eher abträglichen Lehren der Kultur selbst etwas bewirkt werden kann, das die Brille verändert, durch die man die Welt sieht; damit will ich sagen, daß eine nicht triviale Schulerziehung einen Gesichtspunkt liefern kann, von dem aus das, was ist, mit Klarheit gesehen werden kann, das, was war, als lebendige Gegenwart, und das, was sein wird, als voller Möglichkeiten. Das bedeutet, daß die Schulerziehung im besten Sinne lehren kann, wie man lebt, was etwas ganz anderes ist als die Frage, wie man seinen Unterhalt verdient. Solch eine Erziehung ist nicht einfach zu bewerkstelligen, da unsere Politiker davon nur selten sprechen, unsere Technologie dem gleichgültig gegenübersteht und unser Kommerz sie verachtet. Nichtsdestoweniger ist diese Frage das gewichtigste und bedeutendste Thema, dem man sich schreibend zuwenden kann. Dem wird natürlich nicht jeder zustimmen. Als ich nachgeforscht habe, was die Menschen zur Erziehung zu sagen haben, fiel mir auf, daß es meistens um Mittel ging, selten um den Zweck. Sollten wir unsere Schulen privatisieren? Sollten wir einheitliche landesweite Prüfstandards haben? Wie sollten wir Computer einsetzen? Sollten wir das Fernsehen in den Unterricht einbeziehen? Wie sollten wir das Lesen lehren? Und so weiter. Einige dieser Dinge sind interessant, und einige sind es nicht. Was sie aber gemein haben, ist die Tatsache, daß sie der Frage ausweichen, wozu die Schule da ist. Es ist, als wären wir eine Nation von Technikern, gefangengenommen von unserem Fachwissen darum, wie etwas gemacht werden sollte, zu ängstlich oder unfähig, darüber nachzudenken, warum. Ich schreibe dieses Buch in der Hoffnung, die Definition des "Schulproblems" ein wenig von den Mitteln weg und zum Zweck, zum Sinn hin zu verschieben. Ohne einen transzendentalen Sinn wird die Schulerziehung, wie wir sie kennen, nicht überleben. Mit einem solchen Sinn kann die Schule zu der zentralen Institution werden, durch die unsere Kinder die Motivation finden können, ihre eigene Erziehung fortzusetzen.

Details

Suche nach diesem Verfasser
Jahr: 1995
Verlag: Berlin, Berlin-Verlag
opens in new tab
Systematik: Suche nach dieser Systematik Päd 349
Suche nach diesem Interessenskreis
ISBN: 978-3-8270-0170-2
Beschreibung: 2. Aufl., 247 S.
Schlagwörter: Bildung; Erziehung; Schule
Suche nach dieser Beteiligten Person
Mediengruppe: Buch