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Jüdische Kultur und Geschichte - Ein Überblick

Verfasser: Suche nach diesem Verfasser Ortag, Peter
Jahr: 2000
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Inhalt

Deutschland 1922. Auf dem Höhepunkt der Inflation druckten viele Städte eigenes, sogenanntes Notgeld. Auch Sternberg im Mecklenburgischen gab solche Kupons heraus. Bemerkenswert daran waren die darauf abgebildeten Motive. Sie stellten ein Ereignis dar, welches sich 1492 in Sternberg zugetragen haben soll - eine Hostienschändung. Am 22. Oktober jenes Jahres, so die gar nicht fromme Legende, verkaufte ein Priester einer Gruppe von Juden zwei geweihte Hostien. Diese durchstachen den konsekrierten Leib Christi mit Nadeln, so daß Blut daraus floß. Die angebliche Untat wurde der Obrigkeit bekannt. Siebenundzwanzig an der „Tat" mehr oder weniger beteiligte Juden starben auf dem Scheiterhaufen, ihre Glaubensgenossen hatten Mecklenburg und das benachbarte Pommern zu verlassen. Sternberg etablierte sich als Wallfahrtsort und gelangte dadurch zu Wohlstand. Erst die Reformation bereitete dem makaberen Kult ein Ende. Noch 430 Jahre später aber war den Sternberger Stadtvätern jenes Ereignis wert, als Bildergeschichte ihr Notgeld zu zieren. Unkommentiert, als handele es sich dabei um eine historische, wahrheitsgemäße Begebenheit. Die Zeitgenossen, abgesehen von den jüdischen, dürften es eher gleichgültig aufgenommen haben. Zwar gab es Juden schon seit 1500 Jahren in Deutschland. Ein wirklich nachbarschaftliches Zusammenleben mit der christlichen Majorität blieb die Ausnahme. In der Regel waren Juden immer die Fremden, mißtrauisch observiert, abgesondert, zurückgesetzt, verfolgt, vertrieben, häufig genug erschlagen oder verbrannt. Sie blieben bestenfalls Geduldete in einer festgefügten christlich-abendländischen Gesellschaftsordnung. Jahrhundertelang bestimmten die unsinnigsten Vorurteile das Bild, das sich die rechtgläubigen Europäer von den buchstäblich unter ihnen lebenden Juden machten. Was mochte in ihren mit seltsamen Schriftzeichen gefüllten Büchern stehen? Was beteten sie in ihrer unverständlichen Sprache in ihren düsteren Synagogen? Schlachteten sie nicht Christenjungen zur Osterzeit, um sich an deren Blut zu laben? Und hatte nicht Christus der Herr selbst den hartherzigen Juden Ahasver und damit jenen ganzen Stamm verflucht, rastlos durch Zeit und Raum zu streifen, bis zum Jüngsten Tag? Weder Aufklärung noch zunehmende Säkularisierung der Gesellschaft besiegten den Aberglauben. Bis hinein in das 20. Jahrhundert feierten die Greuelmärchen des Mittelalters Urständ, siehe Sternberg 1922. Als zwei Generationen später deutsche Nationalsozialisten die „Endlösung der Judenfrage" planten und diese mit dämonischer Zielstrebigkeit durchzuführen begannen, rührte sich kaum eine helfende Hand, um den Bedrängten beizustehen. Die Saat jahrhundertealter Indoktrination ging auf. Ob ein objektives Bild der Juden, ihrer Religion und Geschichte das Schreckliche hätte verhindern können, darf bezweifelt werden. Fest steht aber, daß das permanent verteufelnde und verfälschende Judenbild dem furchtbarsten Völkermord der Menschheitsgeschichte Vorschub leistete.

Details

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Jahr: 2000
Verlag: Dresden, Landeszentrale für politische Bildung
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Systematik: Suche nach dieser Systematik Rel 830
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ISBN: 978-3-932502-04-0
Beschreibung: 4. akt. Aufl., 160 S.
Schlagwörter: Nationalsozialismus; Kulturgeschichte; Geschichte; Kultur; Weltreligion; Antisemitismus; Judenverfolgung; Judentum; Juden; Holocaust; Religionsgeschichte; Religion
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Mediengruppe: Buch